Corona-Soforthilfe für Künstler – ein Ablenkungsmanöver? / Keine Unterstützung für Solo-Selbstständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft / Irreführender Vergleich mit Baden-Württemberger Modell
In der drittgrößten bayerischen Wirtschaftsbranche hinter Automobilindustrie und Gesundheitswesen brodelt es gewaltig: Denn was gestern zunächst wie ein wich- tiger Schritt auf dem Weg zu einer gerechten Unterstützung der krisengeplagten Kultur- und Kreativbranche aussah, entpuppte sich schnell als Mogelpackung. So kündigte Ministerpräsident Söder in seiner Regierungserklärung zwar eine Erwei- terung der Corona-Soforthilfe für Künstler an, was ja grundsätzlich begrüßenswert ist – verknüpfte diese Hilfen jedoch an eine Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK). Damit bleibt ein Großteil der Solo-Selbstständigen immer noch unverschuldet auf der Strecke. Denn in der Kultur- und Kreativwirtschaft sind viele aufgrund der Beitritts-Bedingungen nicht über die KSK versichert. Solo-Selbstständige stehen jedoch vor dem gleichen Problem wie die von Söder zitierten Künstler: Ihnen fallen durch die Krise sämtliche Honorare ersatzlos aus. Und zwar komplett unverschuldet.
„Hier wird in Bayern innerhalb unserer Branche definitiv mit zweierlei Maß gemes- sen“, ärgert sich Carola Kupfer, Präsidentin des Bayerischen Landesverbands der Kultur- und Kreativwirtschaft BLVKK. „Eine gerechte Regelung unter allen Solo- Selbständigen in unserer Branche müsste bedeuten, dass hier auch die vielen nicht über die KSK versicherten Künstler, Werbetexter, Kulturevent-Manager, Musiker, Filmproduzenten, Designer, Galeristen, Literaturagenten, Software-Entwickler und viele andere einbezogen würden.“ Doch bei der gestrigen Soforthilfe-Nachbesse- rung der Staatsregierung wurden diese Personengruppen übergangen, was nun zu einem Aufschrei in der Branche führt.
BAYERISCHER LANDESVERBAND DER KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT
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„Wir freuen uns jetzt natürlich, dass den 30.000 Künstlern geholfen wird! Wir fragen uns aber auch, mit welchem Argument man alle anderen von der Hilfe gerade aus- schließt? Der Schritt ist richtig und wichtig, aber wo bleibt der ernsthafter Versuch, der ganzen Branche unter die Arme zu greifen und die gewachsenen Strukturen über die Krise zu retten? Ich sehe hier eher ein Feigenblatt, um die klaffenden Löcher in der Corona Soforthilfe vor der Öffentlichkeit zu verdecken“, erläutert BLVKK-Vizepräsident Philipp Ernst.
Irritiert ist man im Verband auch über den Verweis auf die Corona-Soforthilfe in Baden-Württemberg als Modell für Bayern. Denn dort werden Solo-Selbstständige gleichbehandelt – und nicht wie in Bayern mit den KSK-versicherten Künstlern lediglich ein Bruchteil der Kultur- und Kreativwirtschaft gefördert.
Fakt ist: Die angekündigten Maßnahmen greifen für die Kultur- und Kreativbranche definitiv nicht weit genug. Der Ärger bei den Betroffenen ist entsprechend groß. Beim Verband gehen seit Tagen viele Anfragen und Brandbriefe ein, die den Frust der Branche anschaulich dokumentieren. „Das ist ein Pulverfass“, weiß auch BLVKK-Präsidiumsmitglied Sigrid Diewald. „Hier muss von Seiten der Landesregie- rung ganz schnell nachgebessert werden. Denn wenn Bayern ein Kulturstaat sein soll, wie von Söder verkündet, muss die gesamte Branche betrachtet werden, nicht einzelne Künstler.“
„Wichtig ist nun, dass sich die gesamte Branche mobilisiert und die Betroffenen über ihre gewählten Landtagsabgeordneten ihren Protest schriftlich äußern“ wünscht sich Kupfer. „Denn offenbar verkennt die Staatsregierung weiterhin, dass hier nicht nur viele Solo-Selbstständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft im Regen stehen ge- lassen werden, sondern dass die drittstärkste Wirtschaftsbranche im Lande in ihrer innersten Struktur existenzbedroht ist.“