Drohen weite Teile der Kultur- und Kreativbranche erneut unter den Tisch zu fallen?
Die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft zweifelt an der Wirksamkeit der angekündigten Corona-Hilfen. Ministerpräsident Söder hatte in seiner dritten Corona-Regierungserklärung am Mittwoch angekündigt, Künstlerinnen und Künstler besonders unterstützen zu wollen. „Wir fürchten aber, dass erneut weite Teile unserer Branche unter den Tisch fallen“, sagt Philipp Ernst, Vizepräsident des Bayerischen Landesverbands der Kultur- und Kreativwirtschaft (BLVKK). Bereits im April habe Söder einen Unternehmerlohn nach Baden-Württembergischen Vorbild versprochen. Herausgekommen sei dabei aber ein Hilfsprogramm, dass keine Breitenwirksamkeit entfaltet hat. „Es war kompliziert, schlecht kommuniziert, wurde mehrmals nachgebessert und hat Berechtigte durch undurchsichtige Vergaberichtlinien abgeschreckt“, so Ernst.
Zur Kultur- und Kreativwirtschaft (KuK), nach Automobil und Gesundheitswesen immerhin die drittgrößte bayerische Wirtschaftsbranche, gehören weit mehr Teilbranchen als Künstlerinnen und Künstler sowie die Spielstätten, in denen Sie auftreten. „Fallen erneut alle anderen Solo-Selbständigen unserer Branche, die genauso von Corona betroffen sind, einfach hinten runter?“, fragt Carola Kupfer, Präsidentin der BLVKK. Sie zählt als Beispiele für mehrere hunderttausend betroffene Designer, Veranstaltungstechniker und Leute aus der Filmbranche auf oder auch Kreative, die von Coachings uns Seminaren vor Publikum leben.
Eine erschreckende Umfrage zitiert Philipp Ernst: „Laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband stehen 94 Prozent der Clubs und Diskotheken vor dem aus. Auch Kultur- und Konzertveranstalter leiden unter den Einschränkungen.“ Unverständlich bleibt für Ernst, warum Fluggäste in bis auf den letzten Platz vollen Maschinen reisen, Hallen mit Kapazitäten für Tausende Besucher aber nur mit 200 Menschen gefüllt werden dürfen – oder, je nach Corona-Ampel, sogar noch mit deutlich weniger. „Veranstaltungen mit fester Bestuhlung, personalisierten Tickets und detaillierten Hygienekonzepten sind keine Infektionstreiber. Das haben die Testläufe mit erhöhter Besucherzahl in Staatsoper, Philharmonie und Meistersingerhalle eindeutig gezeigt“, so Ernst.
Mit Spannung wartet der BLVKK jetzt auf die konkrete Umsetzung der angekündigten Hilfen. „Das Programm muss schnell anlaufen, rückwirkend gelten und alle betroffenen Teile der Kultur- und Kreativbranche einbeziehen“, fordert Carola Kupfer. „Außerdem müssen die Fehler aus dem Frühjahr vermieden werden, als die Antragsformulare praktisch unausfüllbar waren.“
Bei Rückfragen:
Carola Kupfer, Tel. 0171 3411682, carola.kupfer@blvkk.de
Philipp Ernst, Tel. 0176 23316949, philipp.ernst@blvkk.de
Sigrid Diewald, Tel. 0151 41811423, sigrid.diewald@blvkk.de