Zu abstrakt, zu bürokratisch – Ergebnisse der BLVKK-Förderumfrage

Wirtschaftsförderung in Bayern ist für die Kreativwirtschaft kompliziert. Es fehlen eindeutige Ansprechpartner, passgenaue Programme, nachvollziehbare Zugänge – und eine landesweite Strategie.

Es waren, wie im Vorfeld bereits vermutet, vor allem Kleinstunternehmen, Soloselbstständige und freiberuflich Tätige mit Jahresumsätzen bis zu 22.000 Euro (60%) und Unternehmen mit bis zu 2 Mio. Euro (40%), die an der Umfrage des Bayerischen Landesverbands der Kultur- und Kreativwirtschaft BLVKK zur Kulisse der bayerischen Wirtschaftsförderprogramme für die Branche teilgenommen haben. Die meisten Teilnehmenden kamen aus dem Bezirk Oberbayern, was an der regionalen Konzentration der Branche im Großraum München liegen dürfte. Die Umfrage lief über die Sommermonate und war aus einer Initiative entstanden, die Förderlandschaft kritisch zu hinterfragen. Hintergrund waren einzelne kritische Feedbacks im Zusammenhang mit den entsprechenden Angeboten. Im Fokus stand dabei das bayerische Wirtschaftsministerium (StMWI) mit seinen Förderprogrammen jenseits von Corona-Hilfen – inhaltlich immerhin erster Ansprechpartner für die Branche auf Landesebene.

Um es vorwegzunehmen: Viele der vom StMWI angebotenen Förderprogramme sind in der Branche nicht bekannt oder können offenbar nicht beantragt werden: Lediglich 35 % der Befragten gaben an, schon einmal in den Genuss von Projektfördermitteln gekommen zu sein, 16 % haben bereits (Existenz-) Gründungsförderung bezogen. Alle anderen Angaben verteilten sich jeweils deutlich unter 5 % auf unterschiedliche Programme, verdächtig hoch der Anteil von 35 % zu „Sonstiges“. Konkrete Rückfragen und die Auswertung der Individualtext-Antworten ergaben, dass sich hier vor allem auf Fördermittel des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst bezogen wurde, die hier eigentlich gar nicht behandelt wurden. Die Branche ist also nach wie vor differenziert zu betrachten und die Bereiche der künstlerisch Tätigen und rein wirtschaftliche Akteure sind oft nicht eindeutig zu trennen.

Demgegenüber stehen die auffälligen Bedarfe der Branche: In praktisch allen Bereichen von Innovation, Ausstattung und Markerschließung über Strukturaufbau, Internationalisierung und Digitalisierung bis hin zu Transformationsprozessen, Cross-Innovation oder Mitarbeiterqualifizierung sucht die Branche nach Wegen, Wirtschaftsförderung beantragen zu können – findet jedoch kein passendes Förderangebot. Dieser Mangel verteilt sich übrigens auf alle elf Teilbranchen: lediglich Rundfunkwirtschaft, Architekturmarkt und Software/Games-Industrie sind hier weniger betroffen, was an den jeweiligen Strukturen, passgenauen Branchen-Angeboten und anderen ministerialen Zuständigkeiten liegen dürfte.

Alle anderen Befragten beklagen abgelehnte oder nach einer gewissen Zeit selbst abgebrochene Förderanträge, meist mangels falscher Rechtsform, einem zu hohen bürokratischem Aufwand, scheinbar nicht förderfähigen Projekten und häufig auch zu engen, rein technologisch gedachten Förderrichtlinien oder mangelnde bzw. nicht ausreichende Beratung. So hieß es in den Freiantworten zum Beispiel, „wichtig wäre eine effektive Beratungsstelle“ oder es brauche „mehr und direktere Kommunikation was, wo, wie ein Kreativer Förderungen beantragen kann“. Außerdem seien häufig typische Kostenarten der Branche nicht förderfähig (z.B. immaterielle Arbeiten), während andere Kostenarten gar nicht anfielen (z. B. hoher Materialaufwand).

Immer wieder taucht der Wunsch nach weniger Bürokratie auf: Bemängelt wird hier zum Beispiel, dass „die Hilfen und Förderungen immer mit einem Damokles-Schwert (…) in Zurückzahlung“ oder „nicht berechtigt zu sein“ behaftet seien. Dies wiederum weist darauf hin, dass oft erhebliche Unklarheit zu den Programmen besteht und viele Details der Richtlinien nicht zur Branche passen. Insgesamt sei der Fokus auch zu stark auf Start-ups und Gründer gelegt und berücksichtige dabei die „normalen“ Entwicklungen und erforderlichen Veränderungen von Unternehmen nicht.

Ein großes Problem für die Branche sind die in der Regel üblichen Eigenleistungen oder Eigenmittel von 50% Prozent in den meisten Programmen, die zwar in der Antragstellung durchaus auch modifiziert werden können, was den meisten allerdings nicht bekannt ist. Hier schlägt die übliche Struktur der Branche mit vielen Kleinstunternehmen, Freiberuflern und Soloselbstständigen, aber auch wechselnden Projektteams durch, die häufig nicht in der Lage sind, die monetären Anforderungen zu stemmen – gerade bei größeren Projekten. Hinzu kommt ein im StMWI rein technischer (und damit viel zu enger) Innovationsbegriff, der zur Branche nicht passt, wenig Gestaltungsraum lässt und weder immaterielle Innovationen noch die Entwicklungsphasen dorthin kennt. Konkret hinterfragt wurde in diesem Zusammenhang auch, ob es für die Branche Fördermittel zur KI-Implementierung gäbe.

Auffällig waren die mehrfachen Verweise auf andere Länder und Regionen: So sind sowohl die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg oder die Städte Berlin und Hamburg, als auch Frankreich und die Schweiz in der Branche für eine als „bessere“ Unterstützung in der Projektförderung bekannt. Dort hätten sich dadurch zum Beispiel „eine lebenswerte, junge und innovative Stadt mit viel Zuzug“ (Nantes, Frankreich) oder eine reiche „Design- und Verlagslandschaft“ (Niederlande/Schweiz) entwickelt. Auch gäbe es „bessere Programme für Betriebsberatungen“ (Hamburg/Baden-Württemberg).

Fazit: Obwohl es in Bayern eine relativ umfangreiche Wirtschaftsförderkulisse gibt, ist sie für viele Unternehmen und Projekte der Kultur- und Kreativwirtschaft nicht passend. „Wir müssen definitiv an die Förderrichtlinien heran“, fasst BLVKK-Präsidentin Carola Kupfer das Ergebnis zusammen. „Gemeinsam mit dem Ministerium und den zuständigen Stellen sollten wir zeitnah daran arbeiten, hier nachzubessern, damit uns nicht wertvolle immaterielle Innovation mit richtig coolen Unternehmen durch Abwanderung verloren geht.“ Denn letztendlich ginge es hier um den Standort Bayern, den der BLVKK flächendeckend durch Impulse der Branche und eine bessere Infrastruktur stärken möchte – und nicht um die Singularinteressen einzelner.

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Weitere Informationen:
Carola Kupfer, Tel. 0171-3411682, carola.kupfer@blvkk.de
Philipp Ernst, Tel. 0176-23316949, philipp.ernst@blvkk.de

Hintergrund zur Umfrage:
Auslöser für die Umfrage waren diverse Anfragen beim Verband und den Mitgliedsnetzwerken bezüglich abgelehnter oder nicht zugelassener Anträge sowie Beschwerden über nicht zeitgemäße oder branchenferne Rahmenbedingungen. 
Die Umfrage wurde explizit ausschließlich in Bezug aus Wirtschaftsfördermittel durchgeführt. Förderkulissen des StMWK standen hier nicht zur Diskussion.

Die Umfrage wurde 639 mal aufgerufen, davon haben ca. 25 Prozent den umfangreichen Fragebogen vollständig bis zum Ende und inklusive Freitext ausgefüllt.

Titelbildquelle: moerschy von Pixabay